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Staatsbürgerschaft für Verfolgte des Nationalsozialismus und ihre direkten Nachkommen

•    Allgemeine Informationen
•    Verfolgte im Sinne des Staatsbürgerschaftsgesetzes
•    Nachkommen
•    Keine Aufgabe der bisherigen Staatsangehörigkeit
•    Verfahren
•    Weiterführende Links
•    Rechtsgrundlagen

Allgemeine Informationen

Das österreichische Parlament beschloss im Oktober 2019 in Wahrnehmung der historischen Verantwortung gegenüber den Verfolgten des Nationalsozialismus und ihren Nachkommen einstimmig eine Novelle zum österreichischen Staatsbürgerschaftsgesetz (StbG). Da sich im Vollzug dieser Bestimmung Fälle zeigten, die durch die geltenden Regelungen nicht erfasst waren, nahm das Parlament im April 2022 die notwendigen gesetzlichen Adaptierungen vor, um für einen breiteren Kreis an Personen den Erwerb der Staatsbürgerschaft im Einklang mit den tragenden Prinzipien des Staatsbürgerschaftsrechts zu ermöglichen. Die so erweiterte Bestimmung des § 58c StbG trat am 1. Mai 2022 in Kraft.

Verfolgte im Sinne des Staatsbürgerschaftsgesetzes

Als Verfolgte im Sinne des § 58c Staatsbürgerschaftsgesetzes gelten:

  • Personen, die sich als österreichische Staatsbürgerinnen/österreichische Staatsbürger oder als Staatsangehörige eines der Nachfolgestaaten der ehemaligen österreichisch-ungarischen Monarchie oder als Staatenlose jeweils mit Hauptwohnsitz im Bundesgebiet vor dem 15. Mai 1955 in das Ausland begeben haben, sowie Personen, die die österreichische Staatsbürgerschaft in zeitlicher Nähe zur Ausreise verloren haben, da sie aufgrund einer Eheschließung eine fremde Staatsangehörigkeit erworben haben, jeweils
    • weil sie Verfolgungen durch Organe der NSDAP oder der Behörden des Deutschen Reiches mit Grund zu befürchten oder erlitten hatten oder
    • weil sie wegen ihres Eintretens für die demokratische Republik Österreich Verfolgungen ausgesetzt waren oder solche zu befürchten hatten,
  • Personen, die österreichische Staatsbürgerinnen/österreichische Staatsbürger waren und zwischen 30. Jänner 1933 und dem 9. Mai 1945 über keinen Hauptwohnsitz im Bundesgebiet verfügten, weil sie im Falle einer Rückkehr oder erstmaligen Einreise in das Bundesgebiet zur Begründung eines Hauptwohnsitzes Verfolgungen durch Organe der NSDAP oder der Behörden des Deutschen Reiches oder wegen ihres Eintretens für die demokratische Republik Österreich zu befürchten gehabt hätten,
  • Personen, die als österreichische Staatsbürger von Organen der NSDAP oder der Behörden des Deutschen Reiches oder wegen ihres Eintretens für die demokratische Republik Österreich vor dem 9. Mai 1945 in das Ausland deportiert wurden,
  • Personen, die als Staatsangehörige eines der Nachfolgestaaten der ehemaligen österreichisch-ungarischen Monarchie oder als Staatenlose jeweils mit Hauptwohnsitz im Bundesgebiet vor dem 9. Mai 1945 von Organen der NSDAP oder der Behörden des Deutschen Reiches oder wegen ihres Eintretens für die demokratische Republik Österreich in das Ausland deportiert wurden,
  • Personen, die als österreichische Staatsbürgerinnen/österreichische Staatsbürger aufgrund von Verfolgungen durch Organe der NSDAP oder der Behörden des Deutschen Reiches oder wegen ihres Eintretens für die demokratische Republik Österreich vor dem 9. Mai 1945 im Bundesgebiet oder im Ausland ums Leben kamen,
  • Personen, die als Staatsangehörige eines der Nachfolgestaaten der ehemaligen österreichisch-ungarischen Monarchie oder als Staatenlose jeweils mit Hauptwohnsitz im Bundesgebiet vor dem 9. Mai 1945 aufgrund von Verfolgung durch Organe der NSDAP oder der Behörden des Deutschen Reiches oder wegen ihres Eintretens für die demokratische Republik Österreich im Bundesgebiet oder im Ausland ums Leben kamen

Nachkommen

Die Nachkommen von Verfolgten des Nationalsozialismus in direkter abtseigender Linie (Kinder, Enkelkinder, Urenkelkinder,…) können ebenfalls mittels Anzeige seit 1. September 2020 bzw. seit 1. Mai 2022 die österreichische Staatsbürgerschaft erwerben. Als Nachkommen gelten auch Adoptivkinder, die als Minderjährige adoptiert wurden.

Keine Aufgabe der bisherigen Staatsangehörigkeit

Die Bestimmung des § 58c Staatsbürgerschaftsgesetz (StbG) ermöglicht Personen, die selbst Verfolgung erlitten, und deren Nachkommen die österreichische Staatsbürgerschaft durch sogenannte Anzeige zu erhalten, ohne dafür ihre bisherige Staatsangehörigkeit aufgeben zu müssen.

Zu beachten ist jedoch, dass man in einigen Staaten die Staatsangehörigkeit automatisch verliert, wenn man eine fremde Staatsangehörigkeit annimmt – im Zweifelsfall sollten sich Betroffene bei der Staatsbürgerschaftsbehörde ihres Heimatstaates erkundigen. Da der Erwerb der Staatsbürgerschaft mit dem Eintreffen der Anzeige bei der Behörde erfolgt, sollte in jedem Fall vorher bei den zuständigen Heimatbehörden abgeklärt werden, inwieweit in diesem Fall ein Verlust der derzeitigen Staatsangehörigkeit eintritt.

Verfahren

Das Verfahren gemäß § 58c Staatsbürgerschaftsgesetz (StbG) beginnt mit der sogenannten Anzeige. Anzeigeberechtigt sind dabei Verfolgte des Nationalsozialismus und Nachkommen in direkter absteigender Linie eines verfolgten Vorfahren.

Für nicht in Österreich geborene und wohnhafte Personen ist die Wiener Landesregierung (MA35) die zuständige österreichische Inlandsbehörde. Die Anzeige kann jedoch bei der zuständigen Berufsvertretungsbehörde eingebracht werden, welche das Anzeigeformular samt Beilagen an die MA35 übermittelt.

Zusammen mit dem ausgefüllten Anzeigeformular sind im Verfahren gemäß § 58c StbG zumindest die nachfolgend angeführten Dokumente (entweder in deutscher oder englischer Sprache, sonst mit Übersetzung in die deutsche Sprache, die von einem allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Übersetzer angefertigt wurden) vorzulegen.

Dokumente zur eigenen Person:

  • ein gültiges Reisedokument
  • ein aktuelles Lichtbild
  • Geburtsurkunde der Anzeigenlegerin/des Anzeigenlegers
  • Urkunden betreffend Ihren Familienstand (etwa Heiratsurkunde), insbesondere wenn sich dadurch der Name geändert hat
  • ein aktueller Strafregisterauszug (bei Anzeigelegung nicht älter als 8 Monate).

Sofern keine Beglaubigungsfreiheit besteht, benötigen diese Dokumente eine diplomatische Beglaubigung oder Apostille. Nähere Angaben hinsichtlich Beglaubigungsfreiheit sowie diplomatischer Beglaubigung bzw. Apostille finden sich auf der Homepage der österreichischen Berufsvertretungsbehörde (Botschaft oder Generalkonsulat) jenes Staates, der das Dokument ausgestellt hat.

Wenn jemand Nachkomme einer/eines Verfolgten des Nationalsozialismus entsprechend der oben angeführten Definition ist, so sind auch Dokumente der verfolgten Vorfahren und Urkunden, welche die Verwandtschaft in direkter Linie nachweisen, erforderlich.

Weiterführende Links

Rechtsgrundlagen

§ 58c Staatsbürgerschaftsgesetz (StbG)

Letzte Aktualisierung: 20. Februar 2023

Für den Inhalt verantwortlich: Bundesministerium für Inneres